Dresdner Mahndepots – KUNSTPLAN

SÄCHSISCHE ZEITUNG, FREITAG, 10. FEBRUAR 2006

Sächsische Zeitung, Freitag, 10. Februar 2006

Gravuren des Krieges

Erinnern II. Dem bloßen Symbol des 13. Februar setzt Matthias Neutzner Inhalte entgegen.

Katja Solbrig

In diesem Jahr haben sich die Rechtsextremen bereits für morgen angesagt. Das ist neu. Sonst war es ihnen wichtig, die Symbolkraft des 13. Februar genau an diesem Tag auch für ihre Ziele zu nutzen: Sich selbst zu konstituieren, den Medienauflauf zu nutzen, bewusst zu provozieren.

Wie soll man darauf reagieren? „ Ich gebe unumwunden zu, dass ich auch sehr unsicher bin“, sagt Matthias Neutzner, Vorsitzender der Interessengemeinschaft
13. Februar und Mitglied der Initiative Kunstplan. „Soll ich mich von ein paar Blöden zwingen lassen, wann ich mich wie erinnere?“ Denn seit 2001 existieren Mahndepots, Orte, die in ganz unterschiedlicher Weise mit dem 13. Februar 1945 zu tun haben, Gravuren des Krieges. 2001 wurden 56 solcher Depots angebracht, damals war die Zerstörung Dresdens 56 Jahre her. Mit dabei der Hauptbahnhof, eines der Hauptangriffziele des Bombardements. Da auch ein Mahndepot am Güterbahnhof Dresden – Neustadt, von dem im Januar 1942 Transporte ins Getto Riga, am 3. März 1943 nach Auschwitz losfuhren.

In jedem Jahr am 13. Februar brachte Kunstplan ein neues Mahndepot an, setzte die Gravuren des Krieges fort. Im vergangenen Jahr zum 60. Jahretag des Angriffes, setzen sie kein neues Mahnmal. „Das war auch eine Art Freiheit, damit umzugehen“, erinnert sich Neutzner. Nun also: Diese Art sich zu erinnern auf einen anderen Tag verlegen, weil die Rechten eher kommen? „Ich habe die Überlebenden des 13. Februars gefragt“, sagt Neutzner, „und sie sprachen sich dafür aus, sie machen die Mahndepots, die an andere Schicksale erinnern, zu ihrer Sache.“ Matthias Nutzner hat es sich zu seiner Aufgabe gemacht, dieses Symbol des 13. Februars mit einem Inhalt zu besetzen. Eben damit es nicht umgedeutet, nicht missbraucht werden kann für rechtes Gedankengut.
Was soll man dem entgegensetzen? Gegendemonstrationen? Für Matthias Neutzner sind die keine Lösung: „Auf Dresden schaut doch ganz Deutschland, ganz Europa. Doch jedes Jahr wie auf eine Versuchsanordnung im Laboratorium. Je nach dem, nach welcher Seite das Pendel ausschlägt, so gehen wir mit unserer Geschichte um, sagt man dann. Wenn Dresdner Bürger die Rechtsextremen an ihrer Demonstration hindern, dann wird das jedes Jahr zu einer ritualisierten Gegenüberstellung. Aber das Mobilisierungspotential einer Splittergruppe ist immer größer als das der Allgemeinheit“. Es braucht also einen sehr langen Atem der Allgemeinheit. Neutzners Anliegen ist deshalb ein anderes: „Wenn ich heute eine Enzyklopädie in Australien aufschlage, dann steht da unter dem Stichwort Dresden: wurde im zweiten Weltkrieg zerstört. Ich will, dass künftig Dresden unbedingt auch als Stadt des Friedens bezeichnet wird – in Australien und überall auf der Welt.“