Dresdner Mahndepots – KUNSTPLAN

SÄCHSISCHE ZEITUNG, DONNERSTAG, 8. FEBRUAR 2007

Sächsische Zeitung, Donnerstag, 8. Februar 2007

Zurück zur erzählten Geschichte

Von Christina Wittich

Gedenken. Ein Stadtführer lässt Besucher wichtige Orte des Krieges in Dresden erlaufen.

Wo das Bombardement am 13. Februar 1945 nur noch Bombenkrater und ausgebrannte Ruinen hinterlassen hat, sind in Dresden heute Löcher im Gehweg. Nicht immer unabsichtlich. In einigen ist ein Zylinder aus Stahl eingelassen, vielleicht fünf Zentimeter im Durchmesser. Eine Zahl am Kopfende, im Inneren ein Foto und ein Stück Papier. Die Geschichte des Ortes steht auf dem Zettel. Das Foto zeigt, was im Laufe der Zeit daraus geworden ist.

Mahndepot nennt die Dresdner Gruppe kunstplan die unauffälligen Denkmäler. Auf dem Altmarkt finden sich gleich zwei davon, eins auch vor dem sächsischen Innenministerium. Insgesamt 61 dieser kleinen Punkte sind im gesamten Stadtgebiet verteilt. Das Depot Nummer 60 vor der Herz-Jesu-Kirche wurde bereits gestohlen. Ort Nummer 61 wurde Dienstagabend eingeweiht. Er markiert das ehemalige Landhaus und heutige Dresdner Stadtmuseum.

Zeitgleich und pünktlich vor dem Tag des Gedenkens am 13. Februar stellt kunstplan außerdem einen Stadtführer vor, der sich an den Punkten im Gehweg orientiert. „Gravuren des Krieges – Scars of War“ ist der Titel des zweisprachigen Werkes. Mit dem Buch in der Hand können sich Touristen und Einheimische „die Ursachen und Folgen des Angriffs, die Schicksale von Tätern und Opfern“ erlaufen. Wie ein immer dichter werdendes Netzwerk sollen dabei die Mahndepots zu einem einzigen Denkmal verschmelzen. „Wir wollen kein Monument errichten“, sagt Matthias Neutzner, Mitautor und Mitglied der Künstlergruppe, „sondern die Topografie des Zweiten Weltkrieges in ganz Dresden deutlich machen.“

Für diejenigen, die sich nicht in der Landeshauptstadt auskennen, wird der Spaziergang allerdings etwas schwierig. Die Orte sind im Buch alphabetisch nach Straßennamen, nicht nach Depot-Nummern geordnet. Ein dazu passender Stadtplan im Umschlag fehlt jedoch – aus Geldmangel.

Ein Anliegen des Werkes ist es, von den „geronnenen Gedenk-Ritualen zu erzählter Geschichte zurückzufinden“. Die Autoren berichten deswegen zum Beispiel auch über ein Wohnhaus in der Prießnitzstraße: „Die Hausbewohner, eine Hochzeitsgesellschaft und Fahrgäste einer Straßenbahn, die nach dem Luftalarm in den Keller geflüchtet waren, sind – den überlieferten Erzählungen nach – dort getötet worden“, schreiben die Autoren und mischen trockene Fakten mit traurigen Schicksalen.

Gedruckt ist der Stadtführer in einer Auflage von 4000 Stück. Die Hälfte davon geht als Klassensätze an Dresdner Schulen.