Dresdner Mahndepots – KUNSTPLAN

ORT 67: Hechtstraße 78

Auf dem St. Pauli-Friedhof befindet sich die Grabstätte von 225 Säuglingen und Kleinkindern vorwiegend osteuropäischer Nationalität, die zwischen 1943 und Kriegsende im nahe gelegenen »Entbindungsheim Kiesgrube« (siehe ORT 62 ) verstarben. Ihre Eltern waren zur Zwangsarbeit in Dresden und im Dresdner Umland gezwungen worden; sowohl in der Großindustrie und in mittelständischen Betrieben als auch in der Landwirtschaft und in Privathaushalten.

Im Winter 1943/44 wurde die junge Weißrussin Maria Sachartschuk schwanger. Zusammen mit ihrem Mann, Nikolaj Sachartschuk, war sie in einer Fabrik in Kreischa bei Dresden eingesetzt und untergebracht. Die örtliche Ärztin ermittelte den 15. März 1944 als voraussichtlichen Geburtstermin. Bedingt durch die schwere Arbeit, von der auch die schwangeren Zwangsarbeiterinnen nicht befreit waren, setzten die Wehen jedoch bereits am 5. Januar ein. Die junge Frau wurde allein, auf der offenen Ladefläche eines LKW in das Barackenlager des »Entbindungsheims« am nördlichen Stadtrand Dresdens transportiert. Dort kam am selben Tag ihre Tochter Karolina zur Welt.

Nur acht Wochen später, am 6. März 1944, starb das kleine Mädchen. Der Tod des Kindes wurde am 8. März 1944 im Standesamt Klotzsche gemeldet, die Sterbeurkunde dokumentiert als Todesursache »Angeborene Lebensschwäche«. Am 10. März wurde Karolina Sachartschuk auf dem St. Pauli-Friedhof in einem anonymen Gemeinschaftsgrab bestattet. Allein im März 1944 starben neben Karolina noch weitere 17 Kinder unter den primitiven Bedingungen des Barackenlagers.

Nikolaj Sachartschuk hoffte bis zur Befreiung am 8. Mai 1945 vergebens darauf, seine junge Frau wiederzusehen. Von ihr verlor sich jede Spur.

Markiert am 24. November 2013