Dresdner Mahndepots – KUNSTPLAN

ORT 66: Quohrener Straße 12

Im Sommer 1945 wurde der siebenjährige Václav Zelenka unter dem Namen Rolf Wagner in die erste Klasse der Bühlauer Schule in der Quohrener Straße aufgenommen.
Václav Zelenka war drei Jahre zuvor aus dem tschechischen Dorf Lidice verschleppt worden. Am Abend des 9. Juni 1942 hatten deutsche SS- und Polizeieinheiten sein Heimatdorf umstellt, seinen Vater mit allen anderen Männern aus Lidice erschossen, seine Mutter mit den Frauen des Dorfes in das Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt. Das Massaker war eine der »Vergeltungsaktionen« für ein Attentat tschechischer Widerstandskämpfer, die Tage zuvor den ranghöchsten Vertreter der deutschen Okkupationsbehörden, Heydrich, getötet hatten.

Aus den von den Müttern getrennten Kindern des Dorfes wählte die SS neun aus, die nach den rassischen Vorstellungen der Täter für eine »Eindeutschung« infrage kamen. Die restlichen 81 Kinder wurden im Vernichtungslager Kulmhof vergast; das jüngste von ihnen war kurz zuvor ein Jahr alt geworden. Der vierjährige Václav erhielt einen neuen Namen; drei Jahre später glaubten die Erzieher der SS-Organisation »Lebensborn«, ihn zu einem deutschen Jungen geformt zu haben. Anfang Februar 1945 wurde er von dem Dresdner Ehepaar Wagner adoptiert. Im Keller des Bühlauer Wohnhauses der Familie erlebte Václav Zelenka die schweren Luftangriffe auf Dresden.

Erst zwei Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur, im Mai 1947, konnte man seine wahre Identität feststellen. Der nun neunjährige Knabe wurde nach Lidice zurückgeführt. Dort erwartete ihn seine Mutter, die die Haft im Konzentrationslager überlebt hatte.

Markiert am 18. November 2013