Zum Weihnachtsfest 1940 übertrug die britische BBC einen Gottesdienst aus der Ruine der einige Wochen vorher von deutschen Bombern zerstörten Kathedrale im mittelenglischen Coventry. Dort sagte der Probst der Kathedrale, Dick Howard: »Wir werden uns bemühen, alle Gedanken an Rache auszuschließen, gleich wie schwer uns das fällt, um nach diesem Krieg eine freundlichere und christlichere Welt zu bauen.« Diese beeindruckende, mutige Selbstverpflichtung der Gemeinde sollte eingelöst werden. Sie fand ihr Symbol im Kreuz aus Nägeln des verbrannten Dachstuhls der Kathedrale, dem Nagelkreuz.
In den Jahren 1961/62 wurde in den Ruinen der Kirche ein internationales Versöhnungszentrum errichtet, das sich rasch auch um eine »christliche Geste der britisch-deutschen Versöhnung« bemühte. Als Ort dafür wurde Dresden bestimmt – jene Stadt, die als Symbol stellvertretend für die Folgen des Krieges auch für die deutsche Zivilbevölkerung stand. Unter Leitung von Howards Nachfolger, Probst Bill Williams, sammelte man Spenden in Großbritannien und verhandelte mit den DDR-Behörden, um eine Gruppe Jugendlicher nach Dresden senden zu können. Sie sollten zusammen mit deutschen Altersgefährten einen Flügel des zerstörten evangelisch-lutherischen Diakonissenkrankenhauses für den Wiederaufbau vorbereiten.
Am 14. März 1965 verabschiedete die Gemeinde die Gruppe mit einem feierlichen Gottesdienst. Über sechs Monate hinweg arbeiteten etwa zwei Dutzend britische Jugendliche in Dresden. Der Einsatz endete mit einem Gottesdienst am 9. September 1965, bei dem Probst Williams der Dresdner Diakonissenhauskirche ein Nagelkreuz aus Coventry überreichte. Zwei Jahre später war der Aufbau des Krankenhauses beendet. Die britischen Helfer waren in Dresden mit der Hoffnung angetreten, »die Bitterkeit, die sie bei den Älteren noch spürten, zu überwinden und zu einer unmittelbaren menschlichen Zusammenarbeit zu kommen.« Dies gelang: Abseits der propagandistischen Polemik des staatlichen Gedenkens in Dresden war aktive Versöhnung begonnen worden.
Markiert 2010